FAQ
Hier finden Sie eine Liste häufig gestellter Fragen zu Oral History im Lehrkontext und praktische Tipps für die Lehre.
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Für die Planung und Durchführung eines umfassenden Oral History-Projektes mit Studierenden ohne methodische Vorkenntnisse bedarf es in der Regel mehr als zwei Semesterwochenstunden. Andernfalls sind die vielen Schritte eines Oral History-Projektes, das heißt Erarbeitung des historischen Kontextes, die Entwicklung einer Forschungsfrage, die Einarbeitung in die Methode, die Recherche von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen oder vorhandenem Interviewmaterial, gegebenenfalls die Durchführung von Interviews, ihre Transkription, Auswertung, die Beantwortung der Forschungsfrage und bestenfalls noch die Übergabe des Materials in ein Repositorium nicht realisierbar. Mit dem für Hochschulen üblichen Zeitkontingent von zwei Semesterwochenstunden sind daher Inhaltsaussparungen und ein Fokus auf einzelne Aspekte eines Oral History-Projektes in Lehrveranstaltungen zwingend notwendig. Einen Überblick über die Arbeitsschritte eines Oral History-Projektes bietet der Oral History Life Cycle. Nähere Informationen finden Sie in der Lehreinheit zur Projektplanung.
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Im Laufe der Planung und Durchführung eines Oral History-Projektes werden für die Organisation und Dokumentation unterschiedliche Unterlagen benötigt. Sie dienen der Sammlung, Aufbereitung, Auswertung und Aufbewahrung der Interviewdaten sowie der rechtlichen Absicherung der am Interview beteiligten Personen beziehungsweise der Verfügbarmachung der erhobenen Interviewdaten für wissenschaftliche Forschungszwecke. Gemäß dieser Verwendungszwecke gibt es einen Grundstock an Dokumenten, die auch von anderen Forschungseinrichtungen und Institutionen empfohlen werden. Gelistet finden Sie die aus unserer Sicht wichtigsten Dokumente.
1. Einverständniserklärungen:
Gegenstand des Dokumentes ist die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der interviewten Person sowie eine Definition und rechtlich fixierte Festlegung der Verwendungsmöglichkeiten der Interviewdaten für die Interviewerin oder den Interviewer. Das Dokument dient auch der Aufklärung der interviewten Personen und muss daher grundlegende Informationen zum Forschungsprojekt transparent machen. Es wird vor der Durchführung des Interviews besprochen und von beiden Parteien unterschrieben.Download Muster Einwilligungserklärung
2. Erzähler-Biografie-Formular:
Hierbei handelt es sich um eine strukturierte, von der Interviewerin beziehungsweise dem Interviewer im Anschluss an das Interview erstellte Sammlung biografischer Daten, die für das Oral History-Projekt von Interesse sind und den Forschenden einen Überblick über ihren Datensatz gewähren.Download Muster Erzähler-Biografie-Formular
3. Planungsübersicht Interview:
Das Dokument kommt ist eine Checkliste, die der Protokollierung aller Arbeitsschritte – von der ersten Kontaktaufnahme mit dem/der Interviewpartner:in bis zur Archivierung des Interviewmaterials – dient.Download Muster Planungsübersicht Interview
4. Interviewzusammenfassungsformular
Dieses Dokument kommt nach einem geführten Interview zum Einsatz. Es dient zur Protokollierung und Zusammenfassung des Interviewablaufs bzw. -inhaltes. Zugleich können Randaten festgehalten werden, die eine übersichtliche Datenablage gewährleisten.Download Muster Interviewzusammenfassungsformular
Weitere nützliche Dokumente für den Forschungsprozess finden Sie hier:
Link zu Oral History Association – internationale Vereinigung, die Oral History auf der ganzen Welt unterstützt und an diverse Adressatengruppe heranträgt
Link zu Oral-History.digital – Archiv und Recherche-Plattform für wissenschaftliche Sammlungen von audiovisuell aufgezeichneten narrativen Interviews -
Die Suche nach Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern für ein Oral History-Projekt kann über unterschiedliche Wege erfolgen
- über den Kontakt mit lokalen und/oder regionalen Gemeinschaften und Organisationen wie Schulen, Universitäten, Bibliotheken und Archiven
- über Zeitungsannoncen oder Posts auf Social Media-Plattformen
- über persönliche Netzwerke und Kontakte
- über Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, das heißt, Personen, die Ihnen Zugang zu weiteren Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern verschaffen können
Bei all dem ist zu bedenken, dass die jeweiligen Auswahl- beziehungsweise Findungsverfahren die Zusammenstellung der interviewten Personengruppe stark beeinflussen. Ob man etwa über Social Media-Posts oder Zeitungsannoncen Interviewpartnerinnen und Interviewpartner sucht, hat gravierende Auswirkungen auf die Zusammenstellung des Interviewsamples. Dies muss bei der Auswertung der Interviewdaten reflektiert werden. Eine Lösung beziehungsweise Umgehung gibt es dabei vielfach nicht. Je nach Forschungsthematik und Zeitraum ist eine Randomisierung des Interviewsamples, wie es in den Sozialwissenschaften üblich ist, aufgrund der begrenzten Anzahl an potentiellen Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern in Oral History-Projekten gar nicht möglich. Weitere Hinweise gibt es in den Lehreinheiten Interviewführung und Auswertungsmethoden.
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Grundsätzlich eignet sich jede Person für ein Oral History-Interview, da jede und jeder Zeugin oder Zeuge einer spezifischen Vergangenheit ist. Alter, Geschlecht, andere Persönlichkeitsmerkmale und die Verbindungen der Person zu dem Ereignis werden erst im Zusammenhang mit dem Erkenntnisinteresse des Projektes zum Ausschluss- beziehungsweise Auswahlkriterium. Bei der Beurteilung müssen Forschende sowohl forschungspraktische als auch forschungsethische Anforderungen berücksichtigen. Zu bedenken sind – bezogen auf die Merkmale der Interviewpartnerinnen und Interviewpartner – beispielhaft: Zurechnungsfähigkeit, Befangenheits- und Abhängigkeitsverhältnisse, kognitive Einschränkungen, Schutzbedürftigkeit von Kindern und Minderjährigen, Zwangslagen, emotionale Nähe, Teilnahmeinteresse der Interviewpartnerinnen und Interviewpartner und vieles mehr).
Literaturtipps
- Leh, Almut: Forschungsethische Probleme in der Zeitzeugenforschung, in: BIOS 13 (2000), Heft 1, S. 64-76.
- Eine anschauliche Reflexion zu einigen der genannten Punkte findet sich im direkten Forschungsbezug bei Wehr: Wehr, Laura: Geteiltes Land, gespaltene Familie? Eine Oral History der DDR-Ausreise von Familien, Berlin 2020, besonders: S. 35-49.
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Ein Interview selbst durchzuführen ist oftmals aus unterschiedlichen nicht möglich und auch nicht zwingend notwendig. Wem für die Durchführung eines Oral History-Projektes nur zwei Semesterwochenstunden im Semester zur Verfügung stehen, wer nicht mehr auf Zeitzeuginnen oder Zeitzeugen zurückgreifen kann oder wer entsprechend der aktuellen Empfehlungen zu ressourcenschonender Forschung (siehe FAIR-Prinzipien und Leitlinien der DFG zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis) auf bereits vorhandenes und zugänglich gemachtes Interviewmaterial zurückgreifen möchte, kann dafür unter anderem die im Rahmen von FLOH produzierten Interviews sowie nach einer Registrierung die Bestände der folgenden Archive nutzen:
· Archiv im Haus der Geschichte des Ruhrgebiets
· Oral-History.digital – Archiv und Recherche-Plattform für wissenschaftliche Sammlungen von audiovisuell aufgezeichneten narrativen Interviews
· Oral History-Archiv des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte der Universität GrazLiteraturtipp:
- Apel, Linde; Leh, Almut; Pagenstecher, Cord: Oral History im digitalen Wandel. Interviews als Forschungsdaten, in: Apel, Linde (Hrsg.): Erinnern, erzählen, Geschichte schreiben. Oral History im 21. Jahrhundert, Berlin 2022, S. 193-222
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Die Dauer eines Oral History-Interviews kann stark variieren. Einflussfaktoren sind die Komplexität des Forschungsthemas und die zeitliche Verfügbarkeit der Interviewpartnerin oder des Interviewpartners. Von Einfluss ist zudem, um welche Art von Interview es sich handelt: Während in einem Expertinnen- beziehungsweise Experteninterview schon nach 30 Minuten alle Fragen beantwortet sein können, dauern lebensgeschichtliche Interviews oft mehrere Stunden. Darüber hinaus sollte immer zusätzliche Zeit für ein Vorgespräch eingeplant werden, in dem die zwingend notwendige Aufklärung der Interviewpartnerin oder des Interviewpartners zum Projekt erfolgt und die Einverständniserklärung von beiden Interviewparteien unterschrieben wird. Für einen kurzen Überblick zu den unterschiedlichen Interviewtypen.
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Allgemein gesprochen ist ein gutes Interview jedes, in dem die interviewte Person in einer angenehmen Atmosphäre frei reden kann, zum Nachdenken durch die Fragen der Interviewerin beziehungsweise des Interviewers angeregt wird und immer wieder in neue Erzählflüsse gerät. Dafür ist es notwendig, das persönliche Grenzen anerkannt und die Rollen von Interviewenden und Interviewten klar gemacht werden.
Ob ein Interview inhaltlich ergiebig und gut in Bezug auf die Forschungsfrage ist, hängt nicht allein von seinem zeitlichen Umfang ab. Ein kürzeres Interview kann grundsätzlich so reichhaltig sein wie ein längeres. Ebenso ist die Exaktheit der Beantwortung der Interviewfragen kein hinreichendes Gütekriterium. Viele Interviews, die in wirren Bahnen fernab der Forschungsthematik verlaufen, entpuppen sich später bei der Auswertung als epistemologische Schatzkisten.
Literaturtipps:
- Breckner, Roswitha: Von den Zeitzeugen zu den Biographen. Methoden der Erhebung und Auswertung lebensgeschichtlicher Interviews, in: Obertreis, Julia (Hg.): Oral History (Basistexte Geschichte, 8), Stuttgart 2012, S. 131-151;
- Wierling, Dorothee: Oral History, in: Maurer, Michael: Neue Themen und Methoden der Geschichtswissenschaft (Aufriß der Historischen Wissenschaften, 7), Stuttgart 2003, S. 81-141. Besonders: S. 105-124.
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Es versteht sich fast von selbst, dass eine theoretische Einarbeitung im Rahmen einer Interviewschulung unumgänglich ist. Studierende können sich so ein grundlegendes Verständnis von Interviewtypen, dem Interviewablauf und Fragestrategien erarbeiten. Kaum jemand, der schon einmal selbst ein Interview geführt hat, wird aber der Meinung widersprechen, dass eine erfolgreiche Interviewschulung auch praktische Erfahrung erfordert. Der Verlauf eines Interviews ist nämlich immer situations- und personenspezifisch beeinflusst. Diese Herausforderungen könnte man wie folgt zusammenfassen:
1. Erwartungsdruck:
Interviewerinnen und Interviewer leiten ein Interview. Von ihnen hängt maßgeblich dessen Gelingen ab. Der Druck, der hierbei unter anderem durch die Erwartungshaltung der Interviewpartnerinnen oder den Interviewpartner entsteht, ist in der Theorie nicht zu simulieren. Der Umgang muss in der Praxis erlernt werden.2. Interviewdynamik und Kommunikationsfähigkeit:
Jedes Oral History-Interview ist einzigartig und entfaltet durch den Interviewort, beteiligte Personen, Fragestellungen und Antworten und vieles mehr stets eine individuelle Dynamik. Insbesondere die Kommunikationsfähigkeit in Form von spontanen und präzise formulierten (Nach-)Fragen und schnellem Denken sind unabdinglich, um ein gelingendes Interview zu führen.3. Soziale Kompetenzen:
Ein gelingendes Interview hängt nicht nur von Fachwissen ab. Weil Interviewpartnerinnen und Interviewpartner oft sensible und/oder persönliche Informationen einer oftmals unbekannten Person (gemeint ist die Interviewerin beziehungsweise der Interviewer) preisgeben, müssen die Interviewerinnen und Interviewer ein hohes Maß an Kommunikationsgeschick beweisen. Das verlangt Menschenkenntnis und soziale Kompetenzen, um je nach Interviewpartnerin und Interviewpartner und deren Aussagen, angemessen reagieren zu können.Wenn Sie die Interviewfähigkeiten Ihrer Studierenden verbessern möchten, sollten Sie neben einer Einarbeitung in die Theorie auch praktische Phasen im Rahmen einer Interviewschulung einbauen. Denkbar ist das Führen von fiktiven Interviews, Mentoring oder die Teilnahme an echten Interviews.
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Für die Durchführung eines Oral History-Interviews benötigt man mindestens zwei Personen: die Interviewerin beziehungsweise den Interviewer und die interviewte Person. Je nach der Art der verwendeten Technik kann weitere personelle Unterstützung erforderlich sein.
1. Interviewerin/Interviewer:
Dies ist die Person, die für die Durchführung des Interviews verantwortlich ist. Die Interviewerin oder der Interviewer bereitet Fragen vor, moderiert das Gespräch und sorgt dafür, dass sich die Interviewpartnerin oder der Interviewpartner während des Prozesses wohl fühlt. Die Interviewerin und der Interviewer ist auch für die Verwaltung der verwendeten Aufnahmegeräte verantwortlich.2. Technikerin/Techniker:
Wenn das Interview mit einer Videokamera aufgezeichnet wird, kann eine dritte Person erforderlich sein, die das Aufnahmegerät bedient. Dann übernimmt diese Person die Bedienung der Aufnahmetechnik und stellt sicher, dass die technischen Aspekte der Aufzeichnung ordnungsgemäß funktionieren, sodass sich die Interviewerin oder der Interviewer auf das Gespräch konzentrieren kann. Wird das Interview nur mit einem Audiorecorder aufgezeichnet, ist eine dritte Person im Regelfall aber nicht nötig.Bei vielen Projekten ist die hier vorgenommene Differenzierung von Interviewerin/Interviewer und Technikerin/Techniker nicht so eindeutig. Oft handelt es sich um mehrere Forschende. Die Aufgabenverteilung kann sich hier von Interview zu Interview unterscheiden.
Unter den Bedingungen der COVID-Pandemie hat sich zudem die Praxis von digitalen Interviewsettings verbreitet. In solchen Situationen benötigt der/die Forschende im Normalfall keine technische beziehungsweise personale Unterstützung.
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Unserer Erfahrung nach hängt ein Gelingen stark vom jeweiligen Kompetenz- und Reifegrad der Studierenden ab, aber auch von der Fähigkeit der Lehrenden, eine strukturierte Organisation mit Rückfallplänen zu haben. Das gilt umso mehr, da die Studierenden am Erfolg und Misserfolg eines Oral History-Projektes maßgeblich beteiligt sind. Bei der Übertragung von Verantwortungspflichten sollten Lehrende daher auch immer ein Worst-Case-Szenario vor Augen haben und einen Plan-B parat halten.
Zur Umgehung etwaiger Hürden hilft es, sich als Lehrende gerade zu Beginn einer Lehrveranstaltung beziehungsweise eines Projektes einen dezidierten Überblick über den jeweiligen Wissensstand der Studierenden zu verschaffen, um etwaige Projektanpassungen frühzeitig vornehmen zu können. Eine klare Aufgabenverteilung und Kommunikation mit den Studierenden über die Projektziele und -schritte ist dabei maßgeblich und setzt eine regelmäßige Absprache der Lehrenden mit den Studierenden voraus. Generell gilt, dass Sie als Lehrende mit je fortgeschrittenerem Status des Studiums die Studierenden mehr in die Prozesse einbinden und Verantwortungen übertragen können.
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Die Aufnahmemöglichkeiten für Oral History-Interviews variieren und hängen von Art und Umfang des Projektes sowie den finanziellen Möglichkeiten ab. Sollen beispielsweise Gestik und Mimik in der Analyse berücksichtigt werden, benötigt man eine visuelle Aufzeichnung des Interviews. Manchmal genügt aber auch ein Smartphone mit einer entsprechenden Applikation. Eine Expertin oder ein Experte für Aufzeichnungstechnologien muss man dafür in aller Regel nicht sein. Als Faustregel gilt, dass die Aufzeichnungsqualität das wichtigste Kriterium ist. Diese muss gut genug sein muss, um die gesprochenen Erinnerungen und Erfahrungen der Interviewpartnerinnen oder der Interviewpartner verständlich und auswertbar aufzeichnen zu können.
Hier ist eine Liste an Ausrüstungsgegenständen, die für unterschiedliche Oral History-Projekt entweder teilweise oder in Gänze benötigen werden:
1. Audioaufnahmegerät:
Darunter fallen alle Varianten an Smartphones und Audiorecordern. Diese sind leicht zu transportieren und zu bedienen. Suchen Sie nach einem Gerät mit guter Aufnahmequalität und ausreichender Speicherkapazität.2. Externes Mikrofon:
Für eine verbesserte Aufnahmequalität, insbesondere in Umgebungen mit Hintergrundgeräuschen hilfreich. Abhängig vom Aufnahme-Setup sind möglicherweise sogenannte Lavalier-Mikrofone oder Richtrohr-Mikrofone in Betracht zu ziehen.3. Kopfhörer:
Kopfhörer dienen dazu, die Qualität des Aufnahmetons während eines Interviews zu überprüfen und bei Abweichungen die Einstellungen zu korrigieren. Dies sollte im Idealfall von einer unterstützenden Fachkraft und nicht von der Interviewerin oder dem Interviewer ausgeführt werden. Das gilt umso mehr, wenn das Interview per Kamera aufgezeichnet wird.4. Kamera (optional) :
Wenn eine visuelle Dokumentation Teil des Projektes ist, kann eine Videokamera oder ein Smartphone mit hochauflösender Aufnahmequalität verwendet werden. Hierbei sollte unter anderem auf die Bildqualität (1920x1080p), Framerate (mindestens 30 FPS) und eine Autofokus-Funktion geachtet werden. Für jede Form der Aufzeichnung muss eine Zustimmung von der Interviewpartnerin oder dem Interviewpartner eingeholt werden.5. Stativ (bei Verwendung einer Kamera):
Für eine Videoaufnahme ist ein stabiles Stativ wichtig. Es kann auch zum Aufstellen eines stationären Audiorecorders nützlich sein.6. Ladegerät:
Vor der Durchführung eines Interviews sollte stets geprüft werden, dass alle elektronischen Geräte vollständig aufgeladen sind. Für längere Aufnahmesitzungen sollten Ladegeräte, Ersatzakkus oder Powerbanks mitgenommen werden.Die Aufzeichnung eines Interviews, dessen Auswertung und die Veröffentlichung bedarf der Einholung einer Einwilligung von der Interviewpartnerin oder dem Interviewpartner nach dessen/deren Aufklärung und erfordert zudem der Wahrung der Privatsphäre der Interviewpartnerinnen und des Interviewpartners unter Einhaltung aller geltenden rechtlichen und ethischen Richtlinien. Einen kurzen Überblick zu (rechtlich) nötigen Formularen finden Sie unter FAQ Frage 2. Weitere Informationen gibt es unter Kurztipps Planung eines Oral History-Projektes. Zu den ethischen Implikationen gibt es hier einen Kurzüberblick. Weitere Informationen gibt es unter Kurztipps Forschungsethik.
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Alle oben genannten Interviewtypen haben ihre Daseinsberechtigung in Oral History-Projekten und kommen abhängig vom Erkenntnisinteresse und der Quellenlage zum Einsatz.
1. Lebensgeschichtliches Interview:
Gegenstand eines lebensgeschichtlichen oder biografischen Interviews, das wegen seiner offenen Erzählform auch als narratives Interview bezeichnet wird, ist das ganze Leben einer Person. Dies bedeutet nicht, dass im Rahmen eines solchen Interviews kein thematischer Fokus vorliegen kann. Dieser ergibt sich häufig schon durch die Anfrage der Interviewpartnerinnen und der Interviewpartner sowie im Vorgespräch zum Interview. Erkenntnisinteresse narrativer Interviews sind die subjektiven Sichtweisen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen auf historische Ereignisse oder auch ihre persönliche Lebensgeschichte in Gänze. Über die einzelne Biografie hinausgehend kann es ebenfalls von Interesse sein, die jeweilige Einbettung beispielsweise eines historischen Ereignisses in die Lebensgeschichte einzelner Akteurinnen und Akteure über die Erhebung und den Vergleich mehrerer Interviews Typen zu bilden.2. Thematisches Interview:
Demgegenüber kommen in thematischen Interviews häufig vorab entwickelte, zumeist teilstrukturierte Leitfäden zum Einsatz, die sich in aller Regel auf einen bestimmten Lebensabschnitt begrenzen. Diese Interviewform bietet sich zum Beispiel dann an, wenn das Forschungsfeld bereits gut erschlossen ist.3. Expertinnen- und Experteninterviews:
Solche Interviews werden in der Oral History häufig dann geführt, wenn es Lücken im überlieferten Quellenmaterial zu füllen gilt.Einen guten Überblick zu den einzelnen Interviewarten und ihrem jeweiligen Ablauf gibt die Website des Methodenzentrums der Ruhr-Universität Bochum.
Weitere Informationen finden Sie zudem in unserer Lehreinheit zur Interviewführung und den Forschungsfragen.
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Die Einhaltung forschungsethischer Standards ist bei der Durchführung eines Oral History-Projektes von entscheidender Bedeutung, um die Persönlichkeitsrechte und das Wohlergehen der befragten Personen zu schützen. Von der Interviewführung bis zur Archivierung gibt es mehrere Aspekte zu beachten.1. Aufklärung der Interviewpartnerin und des Interviewpartners:Vor einem Interview muss die Interviewpartnerin und der Interviewpartner eine verständliche und detaillierte Erläuterung über das Projekt, dessen Zweck und die Verwertung des Interviewmaterials erhalten. Mit der Ratifizierung einer Einwilligungserklärung signalisiert die interviewte Person ihr Verständnis und Einverständnis zu diesen Belangen.2. Vertraulicher Umgang:Sofern nicht anders vereinbart gilt es, den Teilnehmenden zuzusichern, dass ihre persönlichen Daten vertraulich behandelt oder in der Abschlussdokumentation anonymisiert werden. Um ein mündiges Urteil treffen zu können, müssen die Interviewpartnerinnen und Interviewpartner, wie oben erwähnt, über die Verwendung, Archivierung und Verbreitung des Interviewmaterials aufgeklärt werden.Eine forschungsethische Perspektive, die über die Wahrung von Persönlichkeitsrechten hinausgeht, sollte sich unter anderem folgender Herausforderungen bewusst sein:
- kulturelle und generationelle Differenzen
- eine Sensibilität für auch scheinbar unverfängliche Themen
- die vorhandenen, aber nicht immer artikulierten Wünsche oder Erwartungen der interviewten Personen
Eine transparente Kommunikation, ein Interesse am emotionalen Wohlbefinden der Teilnehmenden und die Einhaltung ethischer Grundsätze in Hinblick auf das Forschungsdesign entsprechend den Standards Ihrer Institution bieten hierbei ein Mindestmaß an Sicherheit. -
Die Transkription von Interviews ist zu deren Auswertung zwingend notwendig. Heutzutage gibt es Softwareprogramme, die diese Aufgabe weitgehend automatisch übernehmen. Die unterschiedlichen Softwareprogramme unterscheiden sich dabei in ihrer Genauigkeit der Transkription, den anfallenden Kosten beziehungsweise Preismodellen, den unterstützten Sprachen und ihrem Verarbeitungsort. Letzteres meint, dass das Interviewmaterial bei manchen Anbietern für den Prozess der Transkription in eine Cloud oder in vergleichbare Zwischenspeicher hochgeladen wird. Aus datenschutzrechtlicher Perspektive sind Transkriptionsprogramme, die über Clouds operieren nur mit Vorsicht zu gebrauchen.
Im Rahmen von FLOH hat unser Team die Transkriptionssoftware whisper genutzt. Whisper ist ein automatisches Spracherkennungssystem (ASR), das mithilfe eines umfangreichen Datensatzes trainiert wurde. Dadurch kann whisper Akzente, Hintergrundgeräusche und Fachausdrücke vielfach gut erkennen und transkribieren. Zudem ist whisper kostenlos nutzbar und nach der Installation ohne Hochladen des Interviewmaterials – also lokal auf dem Rechner – zu verwenden. Eine Bedienungsanleitung finden Sie in unserer Lehreinheit zur Transkriptionssoftware.
Vorbehaltlos empfehlen möchten wir whisper an dieser Stelle aber nicht. Aktuell befindet sich das Programm noch in Entwicklung und weist daher einige Zugangsbarrieren und Nachteile auf. Neben dem Fehlen einer Benutzeroberfläche stellt vor allem die Installation eine Herausforderung dar. Für Personen ohne ausgeprägte IT-Kenntnisse ist von einer Installation aufgrund der Komplexität dringend abzuraten. Zudem scheint whisper bei leistungsschwächeren Rechnern fehleraffiner und merklich langsamer zu arbeiten.
Vor diesem Hintergrund steht whisper in puncto Benutzerfreundlichkeit und Praktikabilität hinter proprietären Transkriptionsprogrammen derzeit noch zurück.
Die Kolleginnen und Kollegen von Oral-History. Digital bieten eine eigens aufgearbeitete Übersichtsliste zu den Kosten und Serviceleistungen einiger Transkriptionsprogramme.Einige Tools bieten möglicherweise kostenlose Testversionen oder begrenzte kostenlose Versionen an, während andere auf einem Abonnement- oder Pay-per-Use-Modell basieren. Beachten Sie außerdem die Sicherheits- und Datenschutzrichtlinien des Transkriptionsdienstes. Wenn ihr Projekt einen erheblichen Transkriptionsaufwand erfordert und Genauigkeit von entscheidender Bedeutung ist, sollten Sie kostenpflichtige Optionen prüfen oder eine Kombination aus kostenlosen Tools und manueller Transkription für die Passagen in Betracht ziehen, bei denen Präzision erforderlich ist.
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Immer mehr Hochschulen verpflichten sich, die im Forschungsprozess anfallenden Daten über die Dauer der Projektlaufzeit beziehungsweise bis zu zehn Jahre zu archivieren.
Um Interviews gemäß der FAIR-Prinzipien langfristig auffindbar (findable), zugänglich (accessible), interoperabel (interoperable) und nachnutzbar (reusable) zu archivieren, bedarf es zumeist anderer Archivierungslogiken – auch, um die Persönlichkeitsrechte der Interviewten, der Interviewerinnen und Interviewer sowie in den Interviews genannter Dritter zu wahren. Wo dies nicht möglich ist, empfiehlt die Oral History-Association die Übertragung der Archivierung an spezialisierte Anbieter. In Deutschland sind es häufig die Fachinformationsdienste, die die universitätsübergreifende Kuratierung (qualitativer) Daten übernehmen. In Abhängigkeit von der Interviewform und der von Ihnen und Ihrer/Ihrem Interviewpartnerin oder Interviewpartner vorgesehenen Nachnutzungsform, aber auch je nach disziplinärem oder thematischen Schwerpunkt bieten unter anderem folgende Strukturen die Langzeitarchivierung von Interviews an:
· Oral-history.digital – Archiv und Recherche-Plattform für wissenschaftliche Sammlungen von audiovisuell aufgezeichneten narrativen Interviews
· QualiBi – Forschungsdatenplattform für die qualitative Bildungsforschung
· Qualiservice – Forschungsdatenzentrum für qualitative sozialwissenschaftliche ForschungsdatenIn der Regel ist die Archivierung von Forschungsdaten mit Kosten verbunden, die möglichst schon bei der Beantragung eines Projektes eingeplant werden sollten.